Missmutig ließ ich meinen Blick durch den Saal des Hotels schweifen, in dem die Aftershowparty stattfand. Langsam wurde ich nervös. In zehn Minuten sollte ich mich mit dem Dealer treffen, der mir wärmstens empfohlen wurde. Meine Hände begangen zu zittern. Verzweifelt suchte ich nach einem unauffälligen Fluchtweg, durch den ich mich hinaus in die kalte Winternacht von Paris stehlen konnte. Aus einer Ecke prostete mir mein Manager zu, der in ein Gespräch mit irgendeiner Regisseurin vertieft war.
Neben mir erklang ein Räuspern. Meine Begleitung und Filmpartnerin, Sarah, verlangte nach Aufmerksamkeit. Wir waren so was wie ein Paar. Unser Produzent meinte, es sei das Beste für unseren Film. Mir war es egal. Sie war eine nette Abwechslung mit seltsamen Vorlieben.
“Entschuldigt ihr mich?”, fragte ich charmant in die Tischrunde lächelnd und erhob mich. Sarah warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu. Sorry Süße, zu dir komme ich später.
Ich steuerte den Ausgang an, als mir jemand seine Hand auf den Rücken legte.
“Wirklich gute Arbeit, mein Sohn”, sagten Michael Thomas, unser wichtigster Sponsor und ein verdammt reicher Gigolo. “Der Film wird ein Erfolg!”
“Haben Sie etwas Anderes erwartet?”, versuchte ich ihn abzuwimmeln. Doch er ließ einfach nicht locker. “Natürlich nicht, bei diesen Nachwuchstalenten und so einer Story”, versuchte er mir mit falschem italienischen Akzent zu schmeicheln. Zu blöd, dass er in Michigan geboren wurde.
“Ich muss wirklich los. Ich habe noch eine wichtige Verabredung”, sagte ich leicht abweisend.
Er nickte wissend und klopfte mir väterlich auf die Schulter. “Ja, ja. Die Französinnen.”
Gespielt ertappt nickte ich kurz, konnte mir ein Grinsen allerdings nicht verkneifen.
Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg zu Louis, um meinen langsam aber sicher schwindenden Vorrat wieder aufzufrischen. Schon nach wenigen Sekunden in der bitterkalten Dezemberluft bildeten sich kleine Atemwölkchen vor meinem Mund und ich bereute es, nur einen Anzug zu tragen. Europa kann doch verdammt kalt sein.
Nach einer Weile blieb ich stehen und studierte ein Straßenschild. Für mich hörte es sich an wie ‘Ecke schwul, trifft Ecke Arschfick’. Ich kramte einen abgegrabbelten Zettel aus einer Innentasche meines Anzugs. Hier war ich richtig. Ich bog in die zwielichtige Straße ein. An einer Hauswand lehnte ein Mann, der Rauchringe in den Himmel blies. Der typische Treffpunkt.
Ich musterte den Mann kritisch, bis dieser mir einen starren Blick zuwarf. Dann hob er seine Augenbrauen. Ja, ich hatte mich nicht geirrt. Mich nach Leuten umsehend schritt ich langsam auf ihn zu und stoppte kurz vor ihm. Durch eine unauffällige Handbewegung signalisierte er mir, dass ich nun das Geld herzugeben hatte. Ich griff in meine rechte Hosentasche und zog die zerknitterten Euroscheine raus.
“Passt” sagte ich leise und verlangte nun den Stoff, indem ihn ungeduldig anblickte.
Fast schon provozierend langsam schob er seine Hand in die Innentasche seines schwarzen Mantels und zog die kleine Plastiktüte hinaus. Ich riss diese an mich und ging suchend nach einer öffentlichen Toilette davon.
Nachdem ich diese gefunden hatte, riss ich die Tür auf, blickte mich nach Personen um, die eventuell anwesend sein könnten. Ich war allein.
Erleichtert aufseufzend riss ich die Tüte ein wenig auf, schüttete etwas auf den Waschbeckenrand, holte eine Visitenkarte heraus, um das weiße Zeug zu einer Linie zu formen und zog es auf, indem ich einen Finger auf meinen rechten Nasenflügel drückte.
Nachdem ich dies getan hatte, krallte ich mich ein paar Sekunden mit einer Hand an dem Rand fest, sodass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. An dieses Gefühl werde ich mich wohl nie ganz gewöhnen können.
Mit einem raschen Blick auf meine Armbanduhr packte alles wieder ein, wischte flüchtig über den Waschbeckenrand und guckte mich prüfend im dreckigen Spiegel an. Ich fuhr mir mit einer Hand rasch übers Gesicht. Niemand würde es merken.
Ich zuckte leicht zusammen, als die Klotür hinter mir ins Schloss gefallen war. Orientierungslos schaute ich mich um. Zwar hatte ich eine genaue Wegbeschreibung bekommen aber auch wieder vergessen. Kleine, weiße Flocken fielen vom Himmel. Mit einer in mir aufsteigenden Euphorie ging ich in Richtung Innenstadt oder was an eine Innenstadt erinnerte. Nach einer kurzen Suche lief ich mit federnden Schritten auf mein Hotel zu.
Ich warf die Zimmertür zu und schaute mich in der Suite um. Mein Koffer stand noch unangerührt in einer Zimmerecke. Ich griff nach dem Telefon, rief die Rezeption an und orderte Erdbeeren und Champagner. Heute Nacht würde ich sicher nicht allein sein. Grinsend schaltete ich PayTV ein und ließ mich, alle viere von mir gestreckt, auf das riesige Bett fallen.
Langsam merkte ich, wie das Zeug anfing zu wirkten.
Alles wurde verschwommen und ich setzte meinen Fokus auf den Fernseher. Als mir das zu anstrengend wurde, schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf die lustvollen Stöhner. Auf einmal spürte ich einen Druck auf meiner Brust. Als ich die Augen wieder aufschlug, stierte mich ein lila farbendes Kaninchen an. Es zwinkerte mir zu und machte sich an den Knöpfen meiner Hose zu schaffen. Ich war etwas irritiert und schaute dem Spektakel ohne jegliche Gegenwehr zu. Wer kann einem Bunny schon einen Wunsch abschlagen? Nach einer Weile verschwand es ganz in meiner Hose und ich ließ meine Hand hinterher gleiten, um nach ihm zu forschen. Doch alles was ich vorfand, war definitiv kein Kaninchen.
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